Evaluierung / Revision des Landesentwicklungsplans (LEP NRW)
in Verbindung mit dem Beschluss des Ruhrparlaments zur 3. Offenlage des Regionalplans Ruhr

Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Mona,

am 23. September 2022 hat die Verbandsversammlung des Ruhrparlaments auf Drängen der Regionaldirektorin in ihrer Funktion als Regionalplanungsbehörde und Herrin des Verfahrens zur Entwicklung des Regionalplans Ruhr die 3. Offenlage beschlossen. Bei dieser erneuten Offenlage soll es – ungeachtet der höchstrichterlichen Entscheidung des OVG Münster vom Mai diesen Jahres – zu einem „weiter so“ in Sachen Rohstoffgewinnung am Niederrhein kommen.

Vor dem Hintergrund, dass nach unseren vorliegenden Informationen dein Haus erst 2024 mit der Revision des Landesentwicklungsplans im Bereich Rohstoffgewinnung beginnen will, war und ist es aus unserer Sicht fatal, einer solchen Offenlage zum jetzigen Zeitpunkt zuzustimmen.

Noch einmal zur Erinnerung: Der Kiesabbau hat insbesondere am Niederrhein erschreckende Dimensionen angenommen und zerstört dort die Landschaft und viele zu schützende Güter. Durch die Entfesselungsbeschlüsse der alten Landesregierung sowie die Novellierung des Landesentwicklungsplans und des Landeswassergesetzes wurden die Weichen für einen noch exzessiveren Kiesabbau gestellt. Verloren gehen dabei Grundwasserspeicher, Dauergrünland als wichtiger CO2-Speicher, landwirtschaftliche Flächen für die Ernährung, Auen und Brachland für den Artenschutz.
Bei den Menschen am Niederrhein besteht die Erwartungshaltung, dass die Regionalplanung eine fachlich fundierte und insgesamt abgewogene Bedarfsermittlung vorlegt, die sich insbesondere an Nachhaltigkeitskriterien und dem regionalen Bedarf im RVR orientiert. Nach unseren Informationen tritt die Regionalplanungsbehörde in Essen diese berechtigte Erwartungshaltung der Menschen mit Füßen.

Wir bleiben dabei: Es wäre sinnvoll gewesen, das Verfahren zur Darstellung von Abgrabungsbereichen aus dem Entwurf des Regionalplans Ruhr für die 3. Offenlage mit Beteiligung der Öffentlichkeit abzukoppeln und in einen sachlichen Teilplan „Rohstoffgewinnung am Niederrhein“ zu überführen. Wir hatten mehrfach darauf hingewiesen, beispielhaft an das Verfahren zur 51.
Änderung des Gebietsentwicklungsplans Düsseldorf (GEP’99) anzuknüpfen. Hier hatte die Bezirksregierung Düsseldorf  nach entsprechenden Hinweisen auf die seinerzeit im Fluss befindliche Rechtsprechung reagiert.

Uns ist einerseits zwar klar, dass dein Haus die Regionalplanungsbehörde nicht anweisen kann, ein solches Verfahren einzuleiten, andererseits hättest du aber in Gespräche auf diese Möglichkeit hinweisen müssen. In der Vorlage deines Hauses machst du ja darauf aufmerksam.
Wir müssen also nun davon ausgehen, dass der Planungsträger in Essen von solch einer Möglichkeit keinen Gebrauch machen will. Auch aus diesem Grund hatten wir gemeinsam mit den Fraktionen, Gruppen und Einzelmitgliedern von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern im Kreisausschusses am Donnerstag eine erneute Resolution einstimmig verabschiedet. Leider hat diese aber keine Wirkung gezeigt. In dieser Resolution zeigten wir auf, dass wir mit dem Vorgehen der Regionalplanungsbehörde nicht einverstanden sind und zeichnen machbare Lösungen auf, die sowohl den RVR als auch die Landesregierung nachdrücklich auffordern, endlich die Interessen der Menschen am Niederrhein zu berücksichtigen. Wir fügen die Resolution diesem Schreiben bei.

Erschreckend ist in diesem Kontext aus unserer Sicht, dass die eigene RVR-Fraktion diesen Tatsachen offenkundig keine Bedeutung beimisst und ohne Not – aus der Opposition heraus – im Ruhrparlament einer 3. Offenlegung, noch dazu mit verkürzter Beteiligungsfrist, zugestimmt hat.
Auch die CDU-Mitglieder unseres Kooperationspartners im Kreis Wesel haben für die Offenlage gestimmt. Dieses Verhalten werden wir hier gesondert aufarbeiten. Unter dem Strich stellt sich aber mit dieser Fehlentscheidung noch einmal heraus, dass die Interessen des Kreises Wesel weder beim Verband noch bei der eigenen Fraktion in Essen gewürdigt und berücksichtigt
werden.

Auch das geplante Vorgehen deines Hauses ist aus Sicht der Kreispolitik nicht zielführend und wird auch in der Bevölkerung und in den Initiativen mehr als kritisch beäugt. Auch aus unserer Sicht ist es deutlich zu spät, sich erst im Jahres 2024 dem Thema Rohstoffgewinnung zu widmen. 
Den „dezenten“ Hinweis hinsichtlich der Personalknappheit haben wir wohl registriert. Wir werten diesen so, als ob man sich schon heute auf eine Verzögerung einstellt. Einer solchen, inakzeptablen Planungspolitik werden wir auch so gegenüber Initiativen und der breiten Öffentlichkeit in nächster Zeit offensiv widersprechen. Wir werden also – wenn es sein muss – auch gegen die eigene Landesregierung und eure zögerliche Haltung offen Stellung beziehen.

Wir haben im Vorfeld vielfach vergeblich den Kontakt zu dir und deinem Haus gesucht – leider aber ohne Erfolg. Wir fordern dich und die Spitze der Landtagsfraktion daher nochmals auf, auf oberster Ebene mit uns sehr zeitnah ins Gespräch zu kommen. Gespräche auf Ebene von Ausschussvorsitzenden und Referatsleiter*innen sind politisch längst nicht mehr angezeigt. Das
zeigt auch die Stimmung in der niederrheinischen Bevölkerung.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Kreistagsfraktion Wesel
Hubert Kück
Fraktionsvorsitzender