Im Juli letzten Jahres wurden die Kreise Wesel und Kleve auf Grund ihrer gemeinsamen Bewerbung vom Ministerium Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NWR als eine der drei Modellregionen für den Ökolandbau in NRW ausgewählt. Eine Entwicklung, die wir außerordentlich begrüßen, bedeutet sie doch nicht nur mehr Tierwohl, sondern mit ihrer ökologischen extensiven Weidelandbewirtschaftung, einen Gewinn für die Artenvielfalt.
Am 1.Oktober 2018 wurden aber auch Teile des Kreises Wesel zum Wolfsgebiet ernannt. Zunächst war es nur eine Wölfin. Inzwischen hat sich die Wolfspopulation in den zum Wolfsgebiet gehörenden Kommunen Schermbeck, Hünxe, Dinslaken, Voerde, Wesel (rechtsrheinisch) und Hamminkeln vergrößert und durch zahlreiche Risse von Schafen, Damwild und auch Kleinpferden von sich reden gemacht. Viele Hobbyzüchter, insbesondere von Schafen, haben aufgegeben und ihre Tiere in andere Regionen abgegeben. Schafzüchter haben ihre Weiden mit hohen Zäunen versehen, die auch für Wildtiere nicht zu überwinden sind. Immer häufiger werden Weidezäune gänzlich von den Landwirten entfernt, um effektiver mähen zu können, weil die Tiere nicht mehr auf die Weide gelassen werden und die Fütterung durch gemähtes Weidegras erfolgt. Eine aufwendige, teure und unökologische Art der Viehfütterung.
Gemäß Artikel 14 Abs.1 der EU-Öko-Verordnung … müssen Pflanzenfresser Zugang zu Weideland haben, wann immer die Umstände dies gestatten.“ Die Einschränkung „wann immer die Umstände dies gestatten“ ist mit Sicherheit keine Legitimation für ein dauerhaftes nächtliches Aufstallen, weil die Tiere vor einem Wolfsriss geschützt werden müssen. Dies gilt insbesondere für die in der ökologischen Landwirtschaft häufig gehaltenen Robustrassen, für die nur ein ganzjähriger Weidegang artgerecht ist.
Vor diesem Hintergrund stellt die GRÜNE Kreistagsfraktion folgende Fragen:
- Wie können nach Ansicht der Verwaltung die Bedingungen des Ökolandbaus und die Gegebenheiten im Wolfsgebiet miteinander vereinbart werden?
- Welche Anreize sollen gesetzt werden, um Landwirte zu einer Umstellung auf Ökolandbau und somit zu einer Erweiterung der Weidehaltung zu motivieren?
- Ist beabsichtigt, die Erschwernis des aufwendigeren Zaunbaus zum Wolfsschutz aus Mitteln der
Modellregion finanziell auszugleichen, vor dem Hintergrund, dass Zuschüsse vom Land nur zur Ertüchtigung, nicht aber bei Neuerrichtung von Zäunen bewilligt werden?
Begründung:
Im gemeinsamen Bewerbungskonzept steht zu lesen: „Als starke Grünlandregion, mit jedoch zurückgehender Weidenutzung; bei gleichzeitiger Intensivierung der Nutzung von Wiesenflächen zur Futtergewinnung, sehen die beiden Kreise besonderen Handlungsbedarf. Der Schutz der niederrheinischen Kulturlandschaft soll durch die Umstellung der Tierhaltung und der damit verbundenen erhöhten Weidenutzung erreicht werden…“.
Der Maßnahmenplan zur Zielerreichung beinhaltet unter Punkt 3) Maßnahmen für eine tierwohlorientierte Nutztierhaltung in allen tierhaltenden Betrieben u.a. „Ausweitung der Beweidung von extensiv genutztem Grünland, insbesondere in den Natura2000 und Naturschutzgebieten und weiterer Ausbau der Öko-Weidehaltung, insbesondere in den Mutterkuh- und Milchviehbetrieben, ….“ sowie als weitere Zielsetzung „Stroh- und Freilandhaltung von Schweinen“ und „Weidehaltung von Rindern….“. Im Bereich der Schafzucht soll „…die weitere Ansiedlung von Milchschaf- und Milchziegenbetrieben …“ gefördert werden.
Durch die Situation im Wolfsgebiet werden aber zur Ertragssteigerung diese ursprünglich extensiv beweideten Flächen häufiger gedüngt, um mehrfach mähen zu können. Bodenbrüter und Niederwild haben auf diesen Flächen keine Chance. Aus der Sicht vieler Landwirte aber nachvollziehbar, denn sie fürchten nicht nur direkte Wolfsangriffe auf ihr Vieh, sondern auch Zaundurchbrüche. Das bedeutet aber eine Umkehr von der Weidehaltung hin zur Intensivierung der Wiesenflächen zur Futtergewinnung und ist damit konträr zum vorgelegten Bewerbungskonzept.